Hier Ausländer, dort Deutschländer

- Migrantenschicksale -

Unsere Schule, das Berufkolleg Simmerath/Stolberg der StädteRegion Aachen, arbeitet seit dem Herbst 2004 in einer Schulpartnerschaft mit einem türkischen Gymnasium in Izmir zusammen. Izmir ist die drittgrößte Stadt der Türkei mit fast drei Millionen Einwohnern und liegt an der Westküste des Landes am Ägäischen Meer. Die Stadt schlängelt sich auf einer Länge von etwa 30 Kilometern um den Golf von Izmir und wuchert auch immer mehr ins Hinterland. Unsere Partnerschule heißt Bornova Anadolu Lisesi (BAL). Bornova ist ein Stadtteil im Nordosten von Izmir, in dem auch die Schule liegt. Anadolu Lisesi heißt wörtlich übersetzt Anatolien Gymnasium. Das staatliche Gymnasium hat einen sprachlichen Schwerpunkt - Englisch, Deutsch oder Französisch können die Schüler dort lernen.

Im Rahmen der nun schon fast zehn Jahre andauernden Zusammenarbeit des Berufskollegs Simmerath/Stolberg mit dem Bornova Anadolu Lisesi haben wir im Schuljahr 2005/2006 ein erstes gemeinsames von der EU gefördertes Projekt durchgeführt. Thema des Comenius-Fremdsprachenprojekts war der anvisierte EU-Beitritt der Türkei. Wir wollten ein Bild gewinnen von den Hoffnungen, die sich an einen EU-Beitritt der Türkei knüpfen, und von den Vorbehalten, die damit verbunden sind.

In den Schuljahren 2008/2009 und 2009/2010 haben wir uns in einem zweiten Comenius-Projekt mit deutsch-türkischen Paaren aus unserem jeweiligen Umfeld unterhalten. "Zwischen den Kulturen: deutsch-türkische Paare in den Regionen Izmir und Aachen" lautete unser Projektthema. Untersucht wurde, welche Chancen und Risiken solche Beziehungen mit sich bringen, ob das Zusammenleben mit einem Partner anderer Herkunft und Kultur als Bereicherung empfunden wird und welche besonderen Schwierigkeiten und Belastungen sich dadurch ergeben.

Bei den Austauschbegegnungen sind wir in Izmir wiederholt darauf gestoßen, dass die türkischen Rückkehrer aus Deutschland - sie werden in der Türkei "Almanci", "Deutschländer" genannt - ihre Re-Migration in die Türkei als durchaus problematisch und die Re-Integration in die dortige Gesellschaft als nicht so einfach wie erhofft empfinden. Diese Beobachtung war der Ausgangspunkt für unser drittes gemeinsames COMENIUS-Projekt in den Schuljahren 2012/2013 und 2013/2014. Unter dem Projekttitel "Hier Ausländer, dort Deutschländer - Migrantenschicksale" haben wir uns mit türkischstämmigen Migranten/innen beschäftigt. Wir haben uns gefragt, welche Faktoren eine Integration begünstigen und welche dazu führen, dass türkische Migranten nach oft vielen Jahren in Deutschland wieder in die Türkei zurückkehren und wie ihr sozialer Status nach einer Rückkehr in die Türkei ist. In Aachen haben wir dazu Menschen mit türkischem Migrationshintergrund interviewt, die sich dazu entschlossen haben, auch in Zukunft in Deutschland zu bleiben. In den Interviews sollten ihre Erfahrungen im Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlicher Kultur und Religion, mit anderen Traditionen und Familienstrukturen, mit anderer Sprache und anderen Erziehungsidealen angesprochen werden. In Izmir wurden Personen befragt, die sich nach jahre- oder jahrzehntelangem Aufenthalt in Deutschland dazu entschlossen haben, in die Türkei zurückzukehren. Hier sollen die Befragungen eingehen auf ihre Erfahrungen mit der Re-Integration in der Türkei als "Almanci", "Deutschländer".

Die Initiatoren des Projektes möchten mit ihrer Arbeit dazu beitragen, dass sich der Blick öffnet für die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Deutschland und der Türkei, zwischen Türken und Deutschen. Die Unterschiede sollen nicht nur wahrgenommen, sondern auch anerkannt und als gleichwertig und gleichrangig akzeptiert werden. Die Schüler und auch die teilnehmenden Kollegen sollen mit dazu beitragen, Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen zu verhindern. Sie sollen sensibilisiert werden für die positiven Aspekte, die die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen mit sich bringt. Von dem Projekt sollen Impulse ausgehen für die Entwicklung neuer Einstellungen im oben dargestellten Sinn

Das Projekt wird in den Schuljahren 2012/2013 und 2013/2014 finanziell unterstützt durch das europäische Programm für lebenslanges Lernen. Wir weisen darauf hin, dass die alleinige inhaltliche Verantwortung bei der Redaktion des Projekts liegt und dass in keiner Weise die Meinung der Europäischen Kommission wiedergegeben wird.